Das Verfahren der Privatinsolvenz verläuft auf vier Ebenen, die sich klar trennen lassen und in außergerichtliche und gerichtliche Teile unterschieden werden.
Vor dem Antrag auf Privatinsolvenz muss der außergerichtliche Teil erfüllt werden, der sog. Versuch der außergerichtlichen Einigung anhand eines Schuldenbereinigungsplans. Verläuft dieses erfolglos, wird das Gericht eingeschaltet und es wird versucht, im Rahmen eines gerichtlichen Schuldbereinigungsverfahrens eine Einigung über die offenen Forderungen der Gläubiger dem Schuldner gegenüber zu treffen.
Scheitert auch dieser Versuch, so wird auf Antrag das vereinfachte Insolvenzverfahren (Privatinsolvenz) eröffnet, welches durch die Verwertung der Vermögensgegenstände des Schuldners einen Erlös zur Befriedigung der Gläubiger erzielt. Auf Antrag folgt sodann das Restschuldbefreiungsverfahren, welches aus einer sechs-jährigen Wohlverhaltensperiode besteht.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines zur Privatinsolvenz
Das Insolvenzverfahren findet seine Anwendung in der Insolvenzordnung (InsO).
Die Privatinsolvenz dient der Verwertung der Vermögensgegenstände (Masse) eines Schuldners (bei Zahlungsunfähigkeit) zur Befriedigung der Gläubiger. Hierbei wird der Erlös aus der Masse gleichmäßig auf die einzelnen Gläubiger verteilt.
Durch das Insolvenzverfahren wird den Schuldnern die Gelegenheit geboten, sich im Rahmen der Restschuldbefreiung von den restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. Dieses tritt jedoch erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens (Wohlverhaltsperiode) ein, frühestens sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Bevor eine Verbraucherinsolvenz beantragt werden kann, muss der Schuldner ernsthafte Bemühungen zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung mit dem Gläubiger nachweisen.
Nach Antragstellung prüft das Gericht, ob eine gütliche, außergerichtliche Verständigung anhand des Schuldenbereinigungsplans Aussicht auf Erfolg hat. Wird dies, nach freiem Ermessen des Gerichtes, verneint, so entscheidet das Gericht über die Eröffnung der Privatinsolvenz (vereinfachtes Insolvenzverfahren).
Anwendungsbereich der Verbraucherinsolvenz
Das Verbraucherinsolvenzverfahren dient, wie der Name „Verbraucher“ schon sagt, nur natürlichen Personen. Der Antragsteller darf somit keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben. Liegt der Fall einer ehemals ausgeübten selbständigen Tätigkeit trotzdem vor, so darf das Verbraucherinsolvenzverfahren insofern beantragt werden, wenn keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen vorliegen und die Vermögensverhältnisse überschaubar sind. Die Vermögensverhältnisse gelten nach § 304 InsO als überschaubar, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Verbraucherinsolvenz nicht mehr als 20 Gläubiger vorhanden sind.
Wie aber auch bei dem allgemeinen Insolvenzverfahren, gilt für das vereinfachte Insolvenzverfahren nach den §§ 17 und 18 InsO, dass ein Eröffnungsgrund (sog. Insolvenztatbestand) vorliegen muss, um das Verbraucherinsolvenzverfahren zu eröffnen. Ein Insolvenztatbestand liegt vor, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht oder bereits eingetreten ist (Schuldner kann seine Verbindlichkeiten nicht oder nicht pünktlich begleichen, positive Änderung in naher Zukunft ist nicht absehbar).
Vollständigkeit der Unterlagen
Dem Antrag müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung alle vorgeschriebenen Unterlagen und Erklärungen vorliegen. Ist dies nicht der Fall, ergeht vom Insolvenzgericht eine Mitteilung an den Schuldner, welche Unterlagen noch benötigt werden. Kommt der Schuldner der Ergänzung innerhalb eines Monats nicht nach, gilt der Eröffnungsantrag nach § 305 (3) InsO kraft Gesetzes als zurückgenommen. Nach Ablauf dieser Frist wird die Bearbeitung des Antrages auf Privatinsolvenz sowie eines etwaigen Antrages auf Restschuldbefreiung nicht mehr aufgenommen.
Mit zum Antrag auf Verbraucherinsolvenz sind noch ein Vermögensverzeichnis, eine Vermögensübersicht, ein Verzeichnis über Gläubiger (genauer Name und vollständige Anschrift) sowie eine vollständige Übersicht über die Forderungen zu erstellen, aus der alle Forderungen hervorgehen, die im Insolvenzverfahren enthalten sind.
Diese Angaben sind nach besten Wissen und Gewissen zu erstellen. Unrichtige Angaben führen zum Scheitern der Privatinsolvenz. Des Weiteren können die Gläubiger, die aufgrund falscher Angaben den Schuldenbereinigungsplan nicht erhalten konnten, ihre vollständige Forderung gegen den Schuldner geltend machen.
Die vier Phasen der Privatinsolvenz
1. Phase: Plan zur außergerichtlichen Einigung
Wie bereits oben mitgeteilt, muss bei Antrag auf das Verbraucherinsolvenzverfahren ein Schuldenbereinigungsplan mit abgegeben werden, aus dem der Versuch der ernsthaften außergerichtlichen Einigung (im Zeitraum von sechs Monaten vor Eröffnungsantrag) sowie das Scheitern des Plans hervorgeht. Diese Bescheinigung kann nur von einer geeigneten Person oder Stelle, Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar oder Schuldnerberatung ausgestellt werden. Des Weiteren muss diese Person oder Stelle von der Bezirksregierung als geeignet anerkannt worden sein. Vereinzelt kann auch das zuständige Insolvenzgericht über die Eignung einer Person oder Stelle entscheiden.
In dieser Bescheinigung ist festzuhalten, durch welchen Gläubiger und Grund das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsverfahrens einsetzt und welche Maßnahmen (Formen der Zwangsvollstreckung) dieser Gläubiger eingeleitet oder betrieben hat.
Außergerichtlicher Einigungsversuch
Die Privatinsolvenzverfahren kann nur beantragt und eröffnet werden, wenn der Schuldner ernsthaft versucht hat, sich mit den Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Die versuchte Einigung muss in geeigneter Form unternommen werden, z.B. mit einem gesonderten Plan, aus der die Zahlungen und Zahlungstermine über die Verbindlichkeiten hervorgehen.
Damit die Gläubiger auch den Zahlungsplan anhand der Angaben überprüfen und beurteilen können, muss der Schuldner seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen legen. Diese Offenlegung ist erforderlich, um den außergerichtlichen Einigungsversuch ernsthaft darzulegen.
Sollte die außergerichtliche Einigung trotz ernsthaften Bemühens scheitern, so kann der Schuldner beim Insolvenzgericht (Amtsgericht) das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen. Eine außergerichtliche Einigung gilt dann als gescheitert, wenn einer der Gläubiger, nach Beginn der außergerichtlichen Verhandlungen zur Einigung, die Zwangsvollstreckung einleitet und betreibt.
Anschließend wird der Versuch eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsplans unternommen.
2. Phase: Gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan
Gemeinsam mit dem Antrag auf Privatinsolvenz ist ein Schuldenbereinigungsplan abzugeben, aus dem hervorgeht, wie sich der Schuldner die Einigung mit den Gläubigern über die endgültige Bereinigung der restlichen Verbindlichkeiten vorstellt.
In den Aufbau des Schuldenbereinigungsplans fließen zum einen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners und zum zweiten die Interessen der Gläubiger sowie die Gründe, die das außergerichtliche Einigungsverfahren zum Scheitern gebracht haben.
Da der Schuldenbereinigungsplan weiterhin einen vollstreckbaren Teil beinhalten sollte, ist es ratsam, festzuhalten, wann welche Leistungen an welchen Gläubiger erbracht werden.
Zum Schutz des Schuldners als auch der Gläubiger sollten im Schuldenbereinigungsplan Vorkehrungen getroffen werden, die sich auf gesundheitliche oder familiäre Veränderungen oder auch Arbeitslosigkeit beziehen.
Wird diesem Schuldenbereinigungsplan Aussicht auf Erfolg vom Gericht zugesprochen, wird dieser nun zusammen mit einer Vermögensübersicht an die Gläubiger übergeben. Diese haben fortan einen Monat Zeit, sich darüber ein Bild zu machen und Stellung dazu zu nehmen.
Sollten mehr als 50 Prozent der Gläubiger (Nach Köpfen und Summe der Forderungen!) dem Schuldenbereinigungsplan widersprechen, so gilt dieser als gescheitert. Das Schweigen eines Gläubigers gilt in diesem Fall als Zustimmung.
Befinden sich Inkassounternehmen unter den Gläubigern, so können diese ihre Stellungnahme zum Schuldenbereinigungsplan nur unter anwaltlicher Vertretung abgeben. Aber auch wenn die Mehrheit dem Schuldenbereinigungsplan zusprechen, kann dieser wegen wichtiger Gründe auch von einem Gläubiger zum Scheitern gebracht werden. Berechtigte Gründe liegen dann vor, wenn falsche Angaben zur Forderungshöhe gemacht wurden, wenn erhebliche Zweifel an einer bestehenden Forderung bestehen oder wenn ein Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan schlechter gestellt ist, als wenn das Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung durchgeführt worden wäre.
Solange nicht über den Schuldenbereinigungsplan entschieden wurde, ruht das Verfahren. In diesem Fall kann das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen einräumen und anordnen. Hierzu zählen das Untersagen oder einstweilige Einstellen der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des schuldnerischen Vermögens.
3. Phase: Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens
Scheitert auch das Verfahren des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplans, so wird das Privatinsolvenzverfahren (vereinfachtes Insolvenzverfahren) eröffnet.
Der Antrag auf für das Verbraucherinsolvenzverfahren ist beim Insolvenzgericht in schriftlicher Form einzureichen. Für sämtliche benötigte Unterlagen (Verzeichnisse, Erklärungen, Plan über die außergerichtliche Einigung etc.) können beim Amt Vordrucke angefordert werden, die der Vereinfachung und Beschleunigung dienen und zu verwenden sind.
Vordruck für den Antrag zur Privatinsolvenz
Amtliche Fassung – www.justiz.de – Justizportal des Bundes und der Länder
Zum Zwecke des Privatinsolvenzverfahrens wird ein Treuhänder eingesetzt, der jetzt das pfändbare Vermögen des Schuldners verwaltet. Ab diesem Zeitpunkt wird das gesamte pfändbare Vermögen anhand einer Quote an die Gläubiger ausgegeben. Vom Vermögen sind die Verfahrenskosten des Verbraucherinsolvenzverfahrens abzuziehen.
Grundlage ist eine Auflistung der Gläubiger, Forderungshöhen und die Insolvenztabelle (Forderungsgründe).
4. Phase: Wohlverhaltensperiode mit anschließender Restschuldbefreiung
Ziel einer Privatinsolvenz ist, nach Abschluss des Verfahrens die Restschuldbefreiung zu erlangen. Hierzu wird dem Schuldner Gelegenheit gegeben, im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens, einer sechsjährigen Wohlverhaltensperiode, sein Möglichstes zu tun, um die Gläubiger zu befriedigen. Unter „Möglichstes“ fällt, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase den gesamten Teil seines pfändbaren Einkommens sowie die Hälfte eines zufallenden Erbteils an den Treuhänder übergibt, der diese Beträge anhand einer festen Quote aus der Insolvenztabelle anschließend an die Gläubiger ausschüttet. Jeder Gläubiger bekommt die Quote über seine Forderungen mitgeteilt.
Bestehen nun nach Abschluss des Privatinsolvenzverfahrens noch offene Forderungen gegen den Schuldner, so kann sich dieser auf Antrag im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens lösen. Der Antrag ist beim Insolvenzgericht zu stellen.
Versagung der Restschuldbefreiung
Liegen Gründe nach § 290 InsO vor, so können Gläubiger einen Antrag auf Restschuldbefreiung versagen. Gründe nach § 290 InsO können sein:
- Falsche Angaben über eigene Verhältnisse, zur Erschleichung von Leistungen (z.B. Kredite)
- Verletzung der Mitteilungspflichten
- Eine rechtskräftige Verurteilung aufgrund einer Insolvenzstraftat
- Verschwenderisches Umgehen mit dem eigenen Vermögen, Aufbau unnötiger Schulden
- Versagung oder Vorliegen einer Restschuldbefreiung innerhalb der letzten zehn Jahre
Auflagen während der Wohlverhaltensperiode
Der Schuldner muss, zur Erlangung der Restschuldbefreiung, während der Wohlverhaltensperiode weitere Auflagen erfüllen:
- Zahlungen dürfen nur an den vom Gericht bestimmten Treuhänder erfolgen, um keine Gläubiger zu bevorzugen
- Der Schuldner muss einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen, liegt Arbeitslosigkeit vor, so darf eine zumutbare Tätigkeit nicht abgelehnt werden
- Mitteilungspflicht über Arbeits- oder Wohnsitzwechsel
Forderungen nach erfolgreicher Restschuldbefreiung
Sofern die Restschuldbefreiung erfolgreich durchgeführt wird, wandeln sich alle im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens noch offene Forderungen in unvollkommene Verbindlichkeiten um. Dies bedeutet, dass diese vom Schuldner noch abgetragen werden können, der Gläubiger aber keinen Rechtsanspruch darauf hat. Die Forderungen werden für den Gläubiger uneinbringlich.
Nicht unter die Restschuldbefreiung fallende Forderungen
Geldstrafen, Forderungen aus zinslos gewährten Darlehen zur Begleichung der Verfahrenskosten sowie Forderungen aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen bleiben von der Restschuldbefreiung unberührt.