Malochen für die Rente und dafür sorgen, auch im Alter einen gewissen Lebensstandard zu halten. Dass sich diese Einstellung in barer Münze auszahlt, bestätigt die Renteninformation. Sie evaluiert, mit welchem Betrag man später rechnen kann. Auf dieser Information ruhen sich viele aus – mit bitteren Folgen. Denn die Zahl ist nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde. Man muss schon genau und auch zwischen den Zeilen lesen. Das Ergebnis: Trotz bester Prognosen bleibt selbst nach einem Leben voll harter Arbeit meist nur eine Rente auf Bürgergeld-Niveau.
Das fettgedruckte Märchen
Der Brief von der gesetzlichen Rentenversicherung gehört zwar nicht zu der Art Post, auf die man wartet. Nichtsdestotrotz wird der Umschlag mit Spannung geöffnet. Verspricht das Schreiben doch einen Blick in die Zukunft. Mit einer fett gedruckten Zahl, die optisch zusätzlich durch einen Kasten hervorgehoben wird. Dieser Wert vermittelt in der Regel den Eindruck von finanzieller Sicherheit. Dazu etwas Riester und ein Banksparplan. Damit sollte man im Rentenalter über die Runden kommen.
Liest man das Schreiben jedoch von Anfang bis Ende, tauchen dort Hinweise auf, angesichts derer man hellhörig werden sollte. Dort ist von Kaufkraftverlust die Rede. Gut – damit muss auch heute schon klarkommen. Die Inflation gehört zum Alltag. Doch auch auf Steuern, die gegebenenfalls gezahlt werden müssen, sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wird verwiesen. Wohlgemerkt: nur verwiesen. Was das heißt, ist den Empfängern der Renteninformation oft nicht klar. Vor allem aber: Man macht sich auch keine Gedanken darüber.
Man fühlt sich verarscht
Da darf man sich nicht wundern, dass nach zwei Tests durch das ARD Magazin Plusminus die Erkenntnis stand: „Man fühlt sich verarscht.“ Unter die Lupe genommen wurden die Renteninformation einer 32-jährigen Erzieherin und eines Facharbeiters, der noch 15 Jahre in die Rentenkasse einzahlen muss, um dann endlich in den Ruhestand gehen zu können.
Aktuell verdient die Erzieherin 1.700 Euro netto. Die Renteninformation „verspricht“ 1.300 Euro Rente. Dieser Wert ist allerdings brutto. Zieht man alles ab, bleiben unter dem Strich nur etwa 950 Euro übrig. Macht eine Differenz von 750 Euro zum derzeitigen Nettoeinkommen. Noch drastischer gestaltet sich die Entwicklung beim Facharbeiter, der seit seinem 17 Lebensjahr das Rentensystem unterstützt. Der jetzige Nettoverdienst beträgt 2.500 Euro und die Bruttorente laut Rentenversicherung 1.375 Euro. Was tatsächlich bleibt sind 990 Euro netto. Differenz: 1.510 Euro.
Normalverdiener landen auf Bürgergeld-Niveau
Verantwortlich für die Einbußen sind drei Faktoren: die Besteuerung mit null bis 15 Prozent, die Sozialabgaben mit über 10 Prozent und die Rentenminderung mit zwölf bis 18 Prozent. Rentenminderung heißt im Übrigen nichts anderes, als dass die Rente planmäßig an Wert verliert. Dieser Zahlenwirrwarr hat einen unangenehmen Effekt: „Den Menschen kann gar nicht klar sein, was die Zahl [Rentenprognose] wert ist“, sagt Professor Stefan Sell vom Institut für Sozialpolitik der Hochschule Koblenz. „Wenn wir all diese Faktoren zusammenziehen, dann wird auch der Normalverdiener im Prinzip heruntergedrückt auf Bürgergeld-Niveau.“
Die gesetzliche Rentenversicherung will ihre Informationsschreiben trotz aller Kritik nicht ändern oder anpassen. So bleibt es bei einer Illusion der sicheren Rente. Denn würde die Zahl ausgewiesen, die tatsächlich zur Verfügung steht, dürfte der Aufschrei laut sein. So erzählt man weiterhin das Märchen von der Rente. Das beruhigt – zumindest bis zu dem Tag, an dem die erste Rentenzahlung erfolgt. Dann ist man vermutlich schon zu müde von der Arbeit, um sich noch aufzulehnen.